Die Rauhnächte – Zeit zwischen den Welten

Die Rauhnächte sind eine besondere Zeit im Jahr – eine Schwelle zwischen dem Alten und dem Neuen, zwischen Licht und Dunkel, zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren.
Sie beginnen traditionell in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember und enden in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar.
In diesen zwölf (mancherorts dreizehn) Nächten ruht die äußere Zeit.
Es ist eine Phase, in der wir innehalten dürfen, lauschen, rückschauen – und neu ausrichten.
Woher kommen die Rauhnächte?
Der Ursprung der Rauhnächte reicht weit vor das Christentum zurück, in vorchristliche, germanisch-keltische und alpine Traditionen.
Das Julfest
Zur Wintersonnenwende (um den 21. Dezember) feierten unsere Vorfahren das Julfest – die Wiedergeburt des Lichts.
Die Tage waren bis dahin immer kürzer geworden, die Dunkelheit hatte ihren Höhepunkt erreicht. Mit der Sonnenwende kehrte langsam das Licht zurück.
Diese Zeit galt als magisch:
- Die Grenzen zwischen den Welten waren durchlässig
- Ahnenwissen war zugänglich
- Visionen, Träume und Zeichen hatten besondere Bedeutung
Die Rauhnächte galten als „zeitlose Tage“, die nicht eindeutig dem alten oder dem neuen Jahr zugeordnet waren.
Warum heißen sie „Rauhnächte“?

Es gibt mehrere Deutungen:
- von „rauh“ (wild, ungezähmt)
- von „Rauch“ – dem Räuchern von Haus, Stall und Mensch mit Kräutern und Harzen
- als Hinweis auf die raue, ursprüngliche Kraft dieser Nächte
Räuchern diente dem Reinigen, Schützen und Segnen – ein Ritual, das bis heute kraftvoll ist.
Die spirituelle Bedeutung der Rauhnächte
Jede Rauhnacht steht symbolisch für einen Monat des kommenden Jahres.
Was wir träumen, fühlen oder erkennen, kann Hinweise geben auf Themen, Qualitäten und Lernfelder der jeweiligen Monate.
Die Rauhnächte laden uns ein:
- das vergangene Jahr bewusst zu verabschieden
- innerlich aufzuräumen
- Wünsche aus dem Herzen zu formulieren
- Vertrauen zu entwickeln – statt Kontrolle
🌿 Die Rauhnächte aus ayurvedischer Sicht
Zeit der Stille, Klärung und inneren Ausrichtung
Im Ayurveda folgt alles dem Rhythmus der Natur.
Die Rauhnächte liegen in einer Phase des Jahres, die von Vata-Energie geprägt ist:
kalt, dunkel, still – aber auch fein, sensibel und offen für innere Wahrnehmung.
Vata steht für:
- Bewegung
- Wandel
- Übergänge
- Atem, Geist und Nervensystem
Genau deshalb gelten die Rauhnächte als Zeit zwischen den Welten.
🌀 Warum Rituale jetzt so wichtig sind
Wenn Vata erhöht ist, werden wir:
- empfindsamer
- gedanklich beweglicher
- intuitiver, aber auch leichter unruhig
Rituale wirken im Ayurveda wie ein Anker:
- Sie geben Struktur
- beruhigen das Nervensystem
- schaffen Sicherheit und Erdung
Das tägliche Innehalten, Räuchern oder Kerzenanzünden hilft,
Vata zu besänftigen und die feinen Impulse dieser Zeit bewusst zu nutzen.
🔥 Räuchern aus ayurvedischer Sicht

Im Ayurveda spielt Agni – das innere Feuer – eine zentrale Rolle.
Räuchern wirkt dabei nicht nur auf den Raum, sondern auch auf:
- unsere Wahrnehmung
- unseren Atem
- unsere innere Klarheit
Wärmende, aromatische Pflanzen wie:
- Zimt
- Ingwer
- Rosmarin
- Lorbeer
unterstützen Agni, vertreiben Schwere und schaffen geistige Klarheit, ohne zu überreizen.
🌙 Die Rauhnächte als Zeit der inneren Verdauung
Ayurvedisch gesehen sind die Rauhnächte eine Phase der seelischen Verdauung:
- Das alte Jahr darf verarbeitet werden
- Unerledigtes darf sich lösen
- Neues wird noch nicht „gemacht“, sondern vorbereitet
Deshalb gilt:
Nicht handeln – sondern spüren.
Nicht planen – sondern lauschen.
🤍 Eine ayurvedische Einladung
Halte es in den Rauhnächten bewusst einfach:
- warme Mahlzeiten
- regelmäßige Zeiten
- weniger Reize
- mehr Stille
So kann dein System zur Ruhe kommen
und die Weisheit dieser besonderen Zeit sanft in dir wirken.
Ayurvedische Essenz der Rauhnächte:
Wenn Vata zur Ruhe kommt, spricht die innere Stimme klar.

🌿 Die Rauhnächte aus Sicht von
Hildegard von Bingen
Zeit der Reinigung, Ordnung und Rückkehr zur göttlichen Lebenskraft
Hildegard von Bingen lebte im tiefen Einklang mit den Zyklen der Natur, des Kosmos und der menschlichen Seele.
Auch wenn sie die Rauhnächte nicht unter diesem Namen beschrieb, finden wir in ihrer Lehre viele klare Parallelen zu dieser besonderen Zeit.
Für Hildegard war der Winter eine Phase der Sammlung, der Klärung und der inneren Ordnung.
✨ Die Zeit der „Viriditas“

Ein zentrales Konzept bei Hildegard ist die Viriditas –
die grüne, lebendige Heilkraft, die allem Leben innewohnt.
In der dunklen Jahreszeit zieht sich diese Kraft:
- aus der Natur
- aus der äußeren Aktivität
- nach innen
Die Rauhnächte entsprechen genau diesem Rückzug der Viriditas in die Tiefe der Seele.
Nicht Wachstum im Außen, sondern Erneuerung aus der Stille steht im Mittelpunkt.
🔥 Reinigung – aber ohne Härte
Hildegard empfahl in Übergangszeiten:
- Maß
- Einfachheit
- Ordnung
Reinigung bedeutete für sie nicht Verzicht oder Askese,
sondern das Loslassen von Übermaß, innerlich wie äußerlich.
Das Räuchern, das bewusste Innehalten und das Formulieren von Wünschen
entsprechen diesem Gedanken:
„Was zu viel ist, schwächt die Lebenskraft.
Was geordnet ist, heilt.“
🌬 Atem, Duft und Seele
Hildegard wusste um die Kraft von:
- Düften
- Kräutern
- Harzen
Sie sah sie als Vermittler zwischen Körper und Seele.
Wohlriechende Pflanzen klären nach ihrer Auffassung:
- den Geist
- die Gedanken
- die Herzensenergie
Sanftes Räuchern oder das bewusste Wahrnehmen von Duft
unterstützt die Harmonie der Säfte und beruhigt das Gemüt.
🌙 Die Rauhnächte als Zeit der inneren Ordnung
Aus hildegardischer Sicht sind diese Tage besonders geeignet für:
- Rückschau ohne Schuld
- Gebet oder stille Einkehr
- das Ordnen der Gedanken
- das Ausrichten auf das Gute
Nicht das „Machen“, sondern das Ausrichten heilt.
🤍 Gemeinsame Essenz von Hildegard, Ayurveda & Rauhnächten
Alle drei Lehren erinnern uns an das Gleiche:
- Der Mensch ist Teil eines größeren Rhythmus
- Heilung geschieht in der Stille
- Ordnung, Maß und Achtsamkeit stärken die Lebenskraft
- Vertrauen ist wirksamer als Kontrolle
Hildegardische Weisheit für die Rauhnächte:
Wenn der Mensch still wird, kann die göttliche Lebenskraft neu in ihm aufkeimen.
Das Ritual der 13 Zettel – Eine uralte Form des Loslassens
Dieses einfache, aber tiefgehende Ritual hilft, Wünsche zu klären, Kontrolle abzugeben und Vertrauen ins Leben zu stärken.
✍️ Vorbereitung (am besten am 21. oder 24. Dezember)
- Nimm dir einen ruhigen Moment
- Zünde eine Kerze an
- Schreibe 13 Wünsche für das kommende Jahr auf 13 einzelne Zettel
Wichtig:
- Formuliere die Wünsche offen, nicht zu detailgenau
(z. B. „Gesundheit und Kraft“ statt „Ich wiege … kg“) - Schreibe nur Wünsche, die dein Herz berühren
- Kein Wunsch ist zu klein oder zu groß
🔥 Das Ritual während der Rauhnächte
- Falte alle 13 Zettel und lege sie an einen besonderen Ort
- In jeder Rauhnacht ziehst du einen Zettel, ohne zu lesen
- Verbrenne diesen Zettel achtsam (feuerfestes Gefäß!)
- Übergib diesen Wunsch symbolisch dem Universum / dem Leben / Gott / der inneren Weisheit
👉 Du gibst diesen Wunsch aus der Hand – er darf sich ohne dein Zutun entfalten.
✨ Der 13. Zettel
Nach der letzten Rauhnacht bleibt ein Zettel übrig.
Diesen darfst du:
- öffnen
- lesen
- behalten
💫 Dieser Wunsch liegt in deiner eigenen Verantwortung.
Hier bist du selbst eingeladen, aktiv zu werden.
🌿 Eine Einladung zur Achtsamkeit
Die Rauhnächte sind keine Zeit des „Besser-Werdens“, sondern des Erinnerns.
Nicht des Tuns, sondern des Seins.
Vielleicht magst du:
- Tagebuch führen
- auf deine Träume achten
- weniger sprechen, mehr lauschen
- dich mit Räucherwerk, Stille und Kerzen begleiten
🌿 Einfache Räuchermischungen für die Rauhnächte
Sanft – alltagstauglich – tief verbunden
Grundregel für alle Rauhnächte:
Weniger ist mehr.
Eine einzelne Pflanze wirkt oft klarer als viele gemischt.
👉 Räuchern kann auf:
- Räucherstövchen mit Sieb
- Kohle
- oder alternativ als Duft- & Achtsamkeitsritual (ohne Rauch)
🌙 1. Rauhnacht (24./25.12.) –
Loslassen
Thema: Abschied vom alten Jahr
Mischung (oder einzeln):
- Salbei (Küche oder Garten)
- Lorbeerblatt
Wirkung: klärend, reinigend, ordnend
Intention: „Ich lasse los, was nicht mehr zu mir gehört.“
🌙 2. Rauhnacht –
Schutz
Thema: Sicherheit & Abgrenzung
Mischung:
- Rosmarin
- Wacholder (Beeren oder Nadeln, falls vorhanden)
Wirkung: stärkend, schützend
Intention: „Ich bin geschützt und getragen.“
🌙 3. Rauhnacht –
Dankbarkeit
Thema: Würdigung des Vergangenen
Mischung:
- Zimtstange oder Zimtpulver
- Apfelschale (getrocknet)
Wirkung: herzöffnend, wärmend
Intention: „Ich ehre alles, was mich geformt hat.“
🌙 4. Rauhnacht –
Heilung
Thema: Körper & Seele
Mischung:
- Kamille
- Lavendel (falls vorhanden)
Wirkung: beruhigend, tröstend
Intention: „Heilung darf geschehen.“
🌙 5. Rauhnacht –
Herz & Beziehungen
Thema: Verbindung
Mischung:
- Rosenblätter (Teequalität)
- Vanille (Schote oder Pulver, sehr sparsam)
Wirkung: sanft, herzöffnend
Intention: „Ich öffne mein Herz in Vertrauen.“
🌙 6. Rauhnacht –
Intuition
Thema: Innere Stimme
Mischung:
- Beifuß (klassisches Rauhnachtskraut, falls vorhanden)
- Oder Thymian als Alternative
Wirkung: klärend, bewusstseinserweiternd
Intention: „Ich vertraue meiner inneren Führung.“
🌙 7. Rauhnacht –
Träume & Zeichen
Thema: Unterbewusstsein
Mischung:
- Lavendel
- Zitronenschale (getrocknet)
Wirkung: klärend, lichtvoll
Intention: „Ich empfange Botschaften im Schlaf.“
🌙 8. Rauhnacht –
Neuausrichtung
Thema: Vision
Mischung:
- Fenchel
- Anis
Wirkung: ordnend, klärend
Intention: „Mein Weg zeigt sich.“
🌙 9. Rauhnacht –
Kraft & Mut
Thema: Selbstvertrauen
Mischung:
- Ingwer (getrocknet oder Pulver)
- Rosmarin
Wirkung: aktivierend, stärkend
Intention: „Ich gehe meinen Weg mutig.“
🌙 10. Rauhnacht –
Vergebung
Thema: Herzbefreiung
Mischung:
- Melisse
- Kamille
Wirkung: ausgleichend, versöhnend
Intention: „Ich vergebe – mir und anderen.“
🌙 11. Rauhnacht –
Vertrauen
Thema: Hingabe
Mischung:
- Lindenblüten (Tee)
- Oder Honigduft (ohne Räuchern – Kerze + Intention)
Wirkung: sanft, haltgebend
Intention: „Ich vertraue dem Leben.“
🌙 12. Rauhnacht –
Segen
Thema: Integration
Mischung:
- Weihrauch (falls vorhanden)
- Oder Lorbeer + Rosmarin
Wirkung: erhebend, verbindend
Intention: „Ich bin gesegnet auf meinem Weg.“
🌟 Optional: Die 13. Nacht (6.1.) –
Eigenverantwortung
Thema: Umsetzung
Mischung:
- Zimt
- Pfeffer (eine Prise!)
Wirkung: fokussierend, kraftvoll
Intention: „Ich handle im Einklang mit mir.“
🤍 Wichtiger Hinweis für Klient:innen
- Räuchern darf leicht und sanft sein
- Auch ein Duft, eine Kerze oder das bewusste Innehalten genügt
- Die Intention wirkt stärker als der Rauch
🤍 Abschließende Worte
Die Rauhnächte erinnern uns daran,
dass wir Teil eines größeren Rhythmus sind.
Nicht alles muss geplant werden.
Manches darf empfangen werden.
Möge diese besondere Zeit dich sanft führen,
dein Herz klären
und dir Vertrauen schenken für das, was kommen will.